Ich bin froh eine Frau zu sein, an diesem 8. März 2021. Alles Gute zum Weltfrauentag, meine lieben Damen, Frauen und Ladies.
Das Thema macht mich manchmal etwas kratzbürstig. Ihr werdet das immer mal wieder im Text merken, wenn ich die bitterbös bunte Fahne der Ironie schwenke. Denn wir leben immer noch in einer Welt, in der es eine Norm ist, dass Männer wertvoller als Frauen sind.
Wenn das nicht pure Ironie ist. Bringen nicht gerade diese weniger wertvollen Frauen Männer auf die Welt?
Einige Männer werden die Augen rollen. Die Sache mit dem Female Empowerment. Ist es nicht irgendwann mal genug? Ein definitives „Nein“. Denn solang wir einen Feiertag brauchen, um darauf aufmerksam zu machen, dass es immer noch eine Ungleichheit zwischen Frauen & Männer gibt, ist es nicht genug.
Ich . . .
. . . bin in einem Frauenhaushalt groß geworden. Wir waren drei Schwestern, meine Ma, meine Oma mütterlicherseits lebte bei uns, meine Oma väterlicherseits war auch sehr oft mit von der Partie und mein Paps. Früher kam bei uns die Frage nach typischen Geschlechterrollen nie auf. Erinnere ich mich aber jetzt zurück, merke ich, dass die Erziehung doch zum Großteil meiner Mama oblag. Mein Vater war beruflich gelegentlich unterwegs und wir öfter mit meiner Mama allein.
Trotzdem hat sie immer gearbeitet. Was ich früher als nervig empfunden habe, wandelte sich mit dem Erwachsenwerden mehr und mehr in Bewunderung. Sie hat trotz der Kinder gearbeitet und es geschafft, uns zu starken, selbstbewussten Frauen zu erziehen. Wir waren nicht immer pflegeleicht und auch die Arbeit ließ sie einige Male an ihr Limit kommen. By the way: Danke, Muttchen.
Wir, . . .
als Frauen, haben es gut in Deutschland. Wir können Kinder kriegen oder auch nicht. Heiraten oder auch nicht. Arbeiten, Karriere machen. Bei entsprechender Eignung und Neigung Soldatin, Offizierin, Mitglied der Bundeswehr-Spezialeinheit KSK (erstmals dieses Jahr) werden. Oder auch Hausfrau. Ein Hoch auf die Freiheit!
Bitterer Beigeschmack – entscheiden wir uns für Hausfrau & Mutter, machen wir uns immer noch indirekt vom Ehemann abhängig. Frauen zahlen in dieser Zeit nicht in die gesetzliche Rentenkasse ein. Kommt es zur Scheidung, stehen diese Frauen mit einem sehr dünnen Konto da. Die Kinder erzogen, den Haushalt am Laufen gehalten und nun ‚Nichts‘.
Die ‚Mütterrente‚ ist oft viel zu wenig. Das 2009 neu geregelte Gesetz zum Versorgungsausgleich soll für mehr Sicherheit in diesen Fällen sorgen. Es ist aber ein intransparenter Dschungel an Paragraphen und Verordnungen. Viele Frauen stehen im Rentenalter knapp vor der Armutsgrenze.
Wusstet ihr schon . . . ?
Seit 1980 bekommen Frauen und Männer das gleiche Gehalt, laut Gesetz. Denn in diesem Jahr wurde das Gesetz über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz verabschiedet. Die Praxis hinkt hinterher. Deutsche Managerinnen verdienen im Schnitt weniger als Manager – bei gleicher Leistung. Liegt es an dem vermeintlich biologisch festgeschriebenen Karrierekiller Babypause? Wohl kaum. Managerinnen in der Türkei erhalten fast genauso viel Gehalt wie ihre männliche Mitstreiter und sie bekommen in ihrem Leben 2,05 Kinder. Deutsche 1,5 Mal. Die Babypause ist also außen vor.
Studien haben gezeigt, dass Frauen sich oft bei Gehaltsverhandlungen wenig zutrauen – oder gar nicht wissen, was sie verlangen können. Seit 2018 gibt es das Entgelttransparenzgesetz, das der klaffenden Einkommensschere entgegen wirken soll. Bis zur tatsächlichen Gehaltsgleichheit steht uns noch ein langer Weg bevor.
Früher war es aber um einiges schlimmer
Seit 1919 dürfen Frauen in Deutschland wählen. Wir verloren das Wahlrecht kurz in der NS-Zeit – erhielten es Ende ’45 aber wieder zurück. Seit 1958 dürfen wir ohne männliche Erlaubnis den Führerschein machen und Autofahren, seit 1962 ein Bankkonto eröffnen. Offiziell ‚geschäftsfähig‚ sind wir seit 1969. Der Knaller: Seit 1977 dürfen Frauen ohne Erlaubnis ihres Ehemanns arbeiten.
Frauenrechte in Deutschland waren vor nicht allzu langer Zeit ungefähr so wie in einigen Ländern, die wir heute für rückschrittlich halten.
Die heutige Gesellschaft hat Erwartungen an die Frau
‚Sie muss Topmodel, mager, schlank sein. Aber sie muss auch Kinder wollen. Die muss sie im richtigen Moment wollen. Nicht mit 20, aber auch nicht mit 40. 20 ist zu früh, 40 ist zu spät. Sie muss die richtige Zahl der richtigen Kinder mit dem perfekten Mann im richtigen Moment kriegen. Die richtige Zahl ist nicht 1, das ist Ego, aber auch nicht 5, das ist assi. Es muss irgendwo dazwischen liegen. Wenn sie die Kinder hat, muss sie arbeiten, sie muss Karriere machen. Und zwar selbstbewusst. Aber nicht als Emanze, aber emanzipiert muss sie sein. Selbstbewusst, emanzipiert, feministisch, organisiert und überhaupt gut drauf und während sie Karriere macht, muss sie gleichzeitig zu Hause bleiben. Sie darf keine Rabenmutter sein. Wenn sie zu Hause bleibt, muss sie trotzdem Karriere machen. Sie muss weiterhin Topmodel, mager, schlank sein. Man darf ihr die Kinder, die sie bekommen hat, nicht ansehen. Zu Hause muss sie außerdem Hure, Liebhaberin, beste Freundin, Mutter, alles auf einmal sein. Und den Stress den sie hat, den darf man(n) niemals spüren.‘ (Florian Schröder, Kabarettist und Autor)
Nur allzu oft lassen wir uns zu dem Gedanken drängen, dass wir genau dem entsprechen müssen. Dann wären wir perfekt. Es gibt aber kein perfekt. Verabschieden wir uns davon.
Aber vor allem müssen wir unsere eigenen Grenzen überwinden, die wir uns aus Furcht, den gesellschaftlichen Normen nicht zu entsprechen, selbst gesteckt haben.
Das Thema Selbstliebe – vor allem bei Frauen – ist und bleibt ein intensives. Es passiert oft genug, dass wir am Ende des Tages ins Bett gehen und denken: „Das war nicht genug.“ Was mit der Zeit übergeht in „Ich bin nicht genug.“
Female Empowerment bedeutet Stärkung von Selbstbestimmung, Eigenmacht, Unabhängigkeit und Chancengleichheit. Starke, selbstbewusste Frauen, die für ihre Gleichberechtigung, Rechte und Freiheiten kämpfen. Female Empowerment bedeutet für mich aber auch Schwäche zeigen zu dürfen. Niemand bekommt alles hin. Setzen wir uns selbst nicht so unter Druck. Es gibt kein perfekt.
Vergleiche mit anderen sind furchtbar selbst quälend und unnötig. Jede von uns wird ihren Weg gehen, ihre Geschichte schreiben. Lasst euch von niemanden sagen, was ihr tun oder nicht tun oder nicht erreichen könnt.
- Glaubt an eure Meinung, vertretet diese, auch wenn ihr damit ‚unbeliebter‘ werdet. Die Meinung anderer müsst ihr nicht teilen, solltet sie aber respektieren.
- Verlasst eure Komfortzone. Wenn ihr scheitert, ist das nicht schlimm. Es gehört dazu. Es nie zu versuchen ist viel schlimmer.
- Nehmt Kritik nicht persönlich. Herabsetzungen oder Beleidigungen sind substanzlose Angriffe auf das Selbstbewusstsein, die in vielen Fällen ignoriert werden können. Es gibt aber auch konstruktive Kritik, die einen langfristig weiterbringen kann.
- Um Hilfe zu bitten ist kein Zeichen von Schwäche und stärkt den Zusammenhalt.
- Findet eure Stärken, Talente und Interessen, auch wenn es den Erwartungen in eurem Umfeld widerspricht.
- Definiert eure Ziele und gebt niemals auf. Vor über 100 Jahren kämpften Frauen für ihren Traum Wählen zu können – und sie haben es geschafft.
Denn wir sind genug. Und alles was on top kommt, ist ein i-Tüpfelchen.
Eure Mandy
Unbekannte Frauen, die Großes für uns getan haben:
Katherine G. Johnson
So unbekannt mag diese Frau gar nicht sein. Manch einer kennt sie vielleicht aus dem preisgekrönten Film „Hidden Figures“.
1918 in White Sulphur Springs, West Virginia, als jüngste von vier Kindern geboren, zeigte Katherine noch vor dem Schulstart großes Interesse an Zahlen.
„Ich zählte Schritte. Ich zählte die Teller, die ich abwusch. Ich wusste, wie viele Schritte es von unserem Haus zur Kirche waren. “
Sie wurde vorzeitig eingeschult, übersprang Klassen, ging mit 10 Jahren an die Highschool, mit 14 Jahren aufs College und schloss mit nur 18 Jahren und einem Bachelor of Science mit Auszeichnung ab. Während ihrer Collegezeit hatte sie als einzige Schülerin Analytische Geometrie belegt, was sich für ihr spätere Karriere noch als Vorteil herausstellen sollte.
Wie ihre Mutter arbeitete sie zuerst als Lehrerin, erfuhr dann aber, dass die NASA Mathematiker suchte. Sie wurde ein Teil der schwarzen Mathematikerinnen „Computer in Röcken“, die aufgrund der Rassentrennung andere Räumlichkeiten zur Verfügung hatten und deshalb an andere Abteilungen ‚ausgeliehen‘ wurden. Sie wurde in die Flugforschung ‚ausgeliehen‘. Anders als ihre Kolleginnen stellte sie Fragen und wollte an Briefings teilnehmen.
Durch ihre Kenntnisse in Analytischer Geometrie machte sie sich unentbehrlich. Die neuen Kollegen der Abteilung „vergaßen, mich wieder abzugeben“.
Da es noch keine Fachbücher zum Thema Weltraumfahrt gab, mussten Katherine und ihre Kollegen improvisieren und die Bücher selbst schreiben. Die Abhandlungen dienten als theoretische Grundlage für die bemannte Raumfahrt. Gegen Ende der ’60er Jahre berechnete Katherine die korrekte Umlaufbahn für die Apollo-11-Raumfahrtmission und trug damit entscheidend zum Erfolg der ersten Mondlandung bei.
Bis zur Pensionierung 1986 wirkte sie bei Raumfahrtprogrammen mit. 2015 erhielt sie die Presidential Medal of Freedom für ihre herausragenden Leistungen als Pionieren der Raumfahrt.
Sie war Mutter von drei Töchtern und verstarb letztes Jahr im Alter von 101 Jahren.
Filmtipp: Hidden Figures – unerkannte Heldinnen
Bilder: nach einer Idee von Salena Barnes
Liebe Mandy,
vielen Dank für Deinen wunderbaren Beitrag!
Nein, es ist nicht zuviel „schon wieder“ so einen Beitrag zu schreiben und nein, wir dürfen nicht einfach alle Ungleichbehandlung hinnehmen (ich krieg jedes Mal am Equal-Pay-Day Pickel) und wir müssen uns vom vermeintlich perfekten Frauenbild verabschieden – und zwar schnell!
Und vor allem müssen wir uns mit anderen Frauen solidarisieren anstatt uns gegenseitig das Leben schwer zu machen, wie es immer noch oft genug geschieht.
Und vielen Dank für den Filmtipp, den kenne ich nämlich noch nicht.
Bleib wie Du bist – eine gewisse Kratzbürstigkeit in solchen Themen steht uns allen gut zu Gesicht 🙂
LG Katy (kalu_306)