Weiter geht es mit der Blutgerinnung. Diese ist weniger schnell, aber sehr effektiv, wenn sie funktioniert.
Die Verletzung in der Gefäßwand ist im Moment mit dem Pfropf aus Thrombos provisorisch gestopft. Das kann man natürlich nicht so lassen, schließlich muss die Wundheilung richtig ablaufen und der Pfropf durch Gewebe ersetzt werden.
Ziel ist es, die Wunde durch ein Netz aus Fibrin zu verschließen. Fibrin ist ein Protein. Eine Fibrinkette ist unglaubliche 1000 Mal dünner als ein Haar. Es ist extrem dehnbar, bevor es reißt und somit eines der elastischsten biologischen Faserstoffe. Ein Netz daraus ist die optimale Abdichtung unserer Verletzung. Wunderwerk Körper, ich kann es nur immer wieder schreiben.
Es gibt zwei Gerinnungswege, die in uns ablaufen können: ein Innerer, der aus eigenem Antrieb passiert und ein Äußerer, der abläuft, wenn es zu Gewebeläsionen mit Zellzerstörung kommt (unser Messerschnitt).
Die äußere Gerinnung ist kürzer, da weniger Gerinnungsfaktoren benötigt werden – das garantiert einen schnellen Ablauf. Bei der inneren Gerinnung werden sehr viel mehr Faktoren benötigt. Tatsächlich laufen beide parallel ab, da sie am Ende die gleichen Faktoren benötigen.
Die Gerinnungsfaktoren, die in römischen Zahlen dargestellt werden, fließen inaktiviert durch unsere Gefäße. Erst wenn sie gebraucht werden, sorgt ein Reiz dafür, dass Schritt Nummer 1: die Aktivierung eines Faktors, einen Dominoeffekt auslöst, der für die weitere Aktivierung der anderen Faktoren sorgt.
Am Ende dieser beiden Wege ist ein hauchdünnes Netz aus Proteinen (Fibrinnetz) entstanden, das in den Pfropf eingewoben wird. Unter Einfluss von Enzymen ziehen sich die Thrombos in dem Pfropf zusammen: Dieser schrumpft und zieht dabei, mit dem Fibrinnetz, die Wundrändern aneinander. Die Wundheilung läuft ab.
Die Bildung des Netzes ist relativ flott. Das Zusammenziehen der Wundränder, ihr wisst es selbst, dauert da gern schon mehrere Tage.
Was für eine großartige Leistung unser Körper da ableistet und das alles, wegen eines Missgeschicks.
Da mir die Wundheilung sehr am Herzen liegt, möchte ich gern mit euch über die richtige Versorgung von Wunden sprechen.
Gestoßen? Geschnitten? Hingefallen? Irgendwo rein getreten? Pflaster oder frische Luft an eine Wunde? Oh ich freue mich darauf, was gerade in euren Köpfen abgeht: Oma hat immer gesagt, frische Luft ist gut. Der Arzt macht immer gleich ein Pflaster drauf. Aber was ist nun richtig?
Bei Verletzungen jeglicher Art ist immer auch an die Tetanusimpfung (Wundstarrkrampf) zu denken. Wenn ihr das nächste Mal zum Hausarzt geht, nehmt euren Impfausweis mit (oje, wo ist der nur?) und lasst ihn kontrollieren. Tetanus muss regelmäßig aufgefrischt werden.
Ist die Wunde ganz oberflächlich, nur die oberste Hautschicht weg, keine oder nur wenig Blut, kann dies an der Luft heilen.
Oberflächliche Verletzungen, die nicht genäht werden müssen, werden versorgt, indem man die Blutung stillt und säubert. Zu Hause reicht klares Wasser. Ist die Wunde stärker verschmutzt, lasst ihr kühles Wasser drüber laufen (Gefäße ziehen sich zusammen – Blutung verlangsamt sich) bis der Dreck sich langsam löst. Darüber reiben mit Taschentüchern ist unangenehm und kann den Schmutz tiefer in die Wunde tragen. Ist sie sauber und die Feuchtigkeit abgetrocknet, beginnt für uns nicht sichtbar bereits die Wundheilung. Die muss ungestört ablaufen.
JETZT kommt ein Pflaster drauf. Keime und Bakterien können sich nicht so in das frische Wundbett rein setzen, da das Pflaster eine Barriere darstellt. Zusätzlich entsteht ein feuchtes Wundmilieu, unter der eine optimale Heilung ablaufen kann. Ist das Pflaster feucht geworden (Duschen, Baden,Wundsekret) sofort wechseln. Die Barrierefunktion ist dann gestört und Bakterien können wieder einwandern.
Beginnt es zu Jucken – sehr gut – die Reparaturmechanismen arbeiten.
Oft tut die Wunde einen Tag später noch etwas mehr weh, da immer ein paar Bakterien reinkommen. Bleibt es bei einer kleinen Rötung (Entzündung), verschwindet sie meist wieder innerhalb von Tagen. Bildet sich Eiter oder seit ihr euch unsicher aufgrund der Wundgröße, ab zum Arzt.
Bildet sich kein Wundsekret mehr (meist 3-4 Tage später) und es hat sich Schorf gebildet, kann das Pflaster runter. Dann bildet der Schorf eine Barriere, weshalb er auch nicht aufgekratzt werden sollte (kindliche Finger und Neugier ist aber oft schneller als Mama und Papa).
Oma und der Arzt hatten also beide Recht. Der richtige Zeitpunkt ist entscheidend.
Bis dahin . . . bleibt gesund. Eure Mandy